Was ist es, das da so glitzert und perlt?
Woher dieser Glanz, dieses Schimmern?
Wer sendet da sirenengleich?

Es ist Vredus, wieder eingetaucht in unsere Atmosphäre. Vredeber Albrecht hat das zweite Commercial-Breakup-Album vollendet und es erweist sich als idealer Flugbegleiter für eine international swingende Reise durch den eigenen, inneren Jet Set.
Mehr noch als das Debüt „Global Player“ von 2000 ist „Candied Radio“ ein Produzentenalbum, das trotz einer Vielzahl von Gästen vor und hinter dem Mischpult von einzigartigem Zusammenhalt ist, nie auseinanderfliegt, einen bestechenden Sound besitzt und in der Tat wie das muntere Programm eines imaginären, zuversichtlichen Radiosenders deinem Leben dazwischenfunkt.
Mit an Bord sind vor allem viele neue Stimmen. Gleich vier Sängerinnen erfüllen Vredus knackige, klassisch-elektropoppige Kompositionen mit glockenhellem Klang. Selda Kaya (von u.a. Naomi), Caro Garske (von Tenfold Loadstar), Julia Kliemann (von u.a. Komeit) sowie Soffy O. (von TokTok) wirken hier aber nicht wie Marionetten oder Wachs in den Händen eines Autokraten, sondern steuerten für die von ihnen gesungenen Stücke jeweils auch den Text und die Melodie bei. DJ Phono hat bei knapp der Hälfte mitgemischt und gekratzt. Matthias Einhoff (von Ragazzi), MJ Lan, Jack Tennis, Krite (von Locust Fudge/Floor/Sharon Stoned) und Enno Rietbrock sind weitere Erfüllungsgehilfen der schillernden Vredusschen Popfantasien.
„Candied Radio“ strahlt einen frischen Optimismus aus, der gleichzeitig nach vorne blickt wie Erinnerungen an süße Träume weckt. Dies ist reiner, schierer Pop, für den eine Drummachine, ein Sequenzer, ein Plugin oder die Granularsynthese keinen futuristischeren Sinn hat als ein Horn oder eine Gitarre. Vredus macht sich den Song und der Song sich die Mittel untertan. Es hat etwas romantisch-revuehaftes, wie hier ein Bild nach dem anderen vorbeigleitet, manchmal nur als Miniatur wie „A Cup Of Tears“, meistens aber full on, schmissig, selbstbewußt und stilsicher wie etwa in „Holding On“, „Superman“, „Days“ oder „Enemy Mine“. Strings und Pianos sind die dominierenden Klangfarben in einem Orchester, das die Leadstimmen harmonisch umhüllt wie ein Knuspermantel.
„Candied Radio“ ist angenehm referenzfrei. Lieblingsmusiken von Typen wie Smokey Robinson oder Lamont Dozier, die Vredus hoch schätzt, werden nicht zitiert, sondern sind höchstens erkennbar am Hang zum zu Ende gedachten Songwriting und zum Ausarrangieren im Breitwandformat.
Bei aller Brillanz ist „Candied Radio“ beileibe nicht die Endstation auf Vredus´ Reise, die nach manchmal schlingernden Phasen jetzt gutes Tempo aufgenommen hat. So schließt der Künstler nicht aus, nach diesem reinen Studioprojekt (es wird keine Live-Auftritte mit diesem Album geben) schon bald eine echte Band an den Start zu bringen. Wir harren in freudiger Erregung und bleiben einstweilen bei „Candied Radio“ auf Empfang.

(Hans Nieswandt)